Jeder, der sich nur ein ganz klein wenig mit dem richtigen Leben, der sich »auswärts« auskennt, weiß: Leg dich nie grundlos mit jemandem an, dessen Ohren aussehen wie ein Blumenkohl. Und irgendwie muss ich immer zuerst an seine Ohren denken, wenn ich den Namen »Ralph Oertel« höre.
Dabei war Ralph den meisten Zeitgenossen weniger als versierter Ringer denn als einer der wenigen echten Künstler aus unserem Lager bekannt. Zuallererst war Ralph aber ein guter, ehrlicher, stets freundlicher und immer hilfsbereiter Kamerad. Ihn einen Freund zu nennen, das wäre vermessen – so gut und so privat haben wir uns nie gekannt. Vielmehr war Ralph einer derjenigen politischen »Rumtreiber« im besten Sinne, die man nach Jahren völlig unverhofft irgendwo auf einer Veranstaltung wiedertrifft – und mit denen es stets so ist, als habe man jeden Tag miteinander zu tun. Wenn ich also an Ralph denke, dann denke ich nicht nur an die Ohren, die bullige Statur, das irgendwie nicht so recht zum Äußerlichen passen wollende künstlerische Talent, hin und wieder in einen schwarzen Anzug gezwängt, oder seine immer einzigartigen Messestände – ich denke vor allem an einen Mann, der einem mit dem Bierglas in der Hand bis tief in die Nacht am Tresen beistehen konnte. Wunderbare Jahre.
Dass Ralph bereits politisch aktiv war, als ich gerade die 6. oder 7. Klasse besuchte und mich vermutlich eher mit Pokémon denn mit Demonstrationen und Konzerten beschäftigte, hat dem gegenseitigen Respekt keinen Abbruch getan. Und es war nur folgerichtig, dass wir mit Ralph in der Anfangszeit von Jungeuropa (das ist im November 2025 dann zehn Jahre her!) häufig zusammenarbeiteten. Als wir 2017 unser zweites Buch überhaupt veröffentlichten – Für eine positive Kritik von Dominique Venner, damals noch in der weißen Hardcovervariante –, war nicht nur WolfPMS beteiligt, der die Schrift auf dem Cover gestaltete; es war Ralph, der den Innenteil mit einer Zeichnung von Dominique Venner aufwertete. Das Original hängt noch heute prominent in unserer Jungeuropa-Podcastecke.
Natürlich hatte ich Ralph dann auch im Sinn, als wir uns entschieden, Das rebellische Herz von Venner übersetzen zu lassen. Seine düstere Zeichnung der Kathedrale Notre-Dame de Paris, die das Cover der 1. und auch 2. Auflage ziert, ist ikonisch – und vielleicht ist sie ihm deshalb so gut gelungen, weil auch Ralph harte Jahre des Kampfes hinter sich hatte, über die es viel zu erzählen gäbe. Es gibt besondere, seltene Charaktere, in denen zwei Herzen schlagen: das eines Kämpfers und das eines Künstlers.

Für den Verlag Antaios hat Ralph seine vielleicht beste Arbeit abgeliefert: Er illustrierte für den Verlag Horst Langes Erzählung Die Leuchtkugeln. Da war er in seinem Element. Denn seine künstlerische Aufgabe war ganz sicher die Bewahrung des Andenkens unserer Ahnen.
Wo ich Ralph kennengelernt habe, kann ich heute nicht mehr sagen. Vielleicht war es während des zweiten »zwischentages« 2012, vielleicht auch einige Monate später in einem burschenschaftlichen Kontext. Denn bereits seit 1999 war Ralph leidenschaftliches Mitglied der Burschenschaft Normannia zu Jena. Es ist bezeichnend, dass die Normannen von den anderen Korporationen in Jena nie anerkannt und akzeptiert wurden. Man blickt noch heute oft auf sie herab. Und das passte irgendwie auch zu Ralph, der als Wanderer zwischen den Welten, zwischen »Alter« und »Neuer Rechter«, mal willkommen war, mal schief angeschaut wurde. Mir war das stets völlig egal – denn Ralph war nicht nur ein talentierter und zuverlässiger Künstler, er war eine treue Seele. Er war einer von uns.
Für Jungeuropa hat er immer mal wieder etwas illustriert, zuletzt, wenn ich mich recht entsinne, ein exklusives und limitiertes Lesezeichen mit einer Katze, die Symbole von Drieu und Brasillach in sich vereint. Wir haben uns dann in den letzten Jahren ein wenig aus den Augen verloren, nicht zuletzt deshalb, weil auch Ralph Familie hatte.
Diese Familie hat letzte Woche ihren Ehemann und Vater verloren. Ralph Oertel ist nach kurzer Krankheit mit nur 43 Jahren überraschend verstorben. Und obwohl wir uns viele Jahre nicht gesehen hatten, hat mir die Nachricht von seinem Tod den Atem verschlagen und die Tränen in die Augen getrieben. Wir werden Ralph in unserer Mitte vermissen. Vor allem, weil er ein echter Kamerad war, dem es stets um die Sache ging. Ich bin tieftraurig über diesen Verlust. Ruhe in Frieden, Ralph, wir sehen uns wieder!
(Autor: Philip Stein)